Der Wiedereinsatz von Hilfsmitteln im GKV-System

Lächelnder Mann im Hilfsmittellager eines Sanitätshauses

Am Wiedereinsatz von Hilfsmitteln im gesetzlichen Krankenversicherungssystem (GKV-System) scheiden sich die Geister. Dabei herrschen sowohl bei Kostentragenden als auch bei Leistungserbringenden polarisierende Ansichten für, aber auch gegen das Wiedereinsatzsystem. Wir beleuchten den Dauerbrenner für Diskussionen.

„Die Verwaltung ist total aufwändig.“
„Die Poolsysteme sind umständlich!“
„Wiedereinsatz ist unwirtschaftlich!“
„Mit Wiedereinsatz wird kein Geld gespart.“
„Fallpauschalen sind viel besser.“
„Die Versicherten wollen keine gebrauchten Hilfsmittel.“
„Mit Wiedereinsatz kann man kein Geld verdienen.“

Etc.

Wie so oft steckt in jeder der Aussagen ein wenig Wahrheit, aber die Lage muss differenziert betrachtet werden. So ist beispielsweise das Fallpauschalsystem für Hilfsmittel oft nichts Anderes als ein Wiedereinsatz. Ein wichtiger Unterschied besteht allerdings darin, dass die Hilfsmittel nicht dem Kostentragenden, sondern dem Leistungserbringenden gehören.

Wann ist der Wiedereinsatz für Kostentragende sinnvoll?

Immer dann, wenn die Kosten der Versorgung, bezogen auf eine Produktgruppe (einschließlich der laufenden Reparatur und Instandhaltungskosten), günstiger ist als das Fallpauschalsystem. Das trifft im Wesentlichen auf höher- und hochpreisige Hilfsmittel zu, die zudem individuell eingestellt, angepasst oder ausgerüstet werden müssen. Leistungserbringende können in diesem Fall häufig gar keine Fallpauschalen anbieten. Das liegt vor allem daran, dass solche Hilfsmittel durch zusätzliche Anbauteile und Sonderanpassungen nicht pauschal kalkuliert werden können. Sicherlich gibt es im Markt weiterhin Versorgungsmodelle, die im Hinblick auf die hier genannten Voraussetzungen überarbeitet werden müssen.

Wann ist der Wiedereinsatz für Leistungserbringende sinnvoll?

Leistungserbringende sehen sich häufig mit dem Nachteil der aufwändigen Poolverwaltung konfrontiert. Einige Kostentragende wickeln die Beauftragung und Verwaltung nach wie vor per Post ab. Das ist nicht nur umständlich, sondern auch teuer. Mit digitalen Systemen können hohe Prozesskosten für Leistungserbringende eingespart werden, wenn diese Systeme sorgfältig gepflegt werden. Was vielfach vergessen wird: Auch wenn die Genehmigungs- bzw. Abrechnungssumme für einen Wiedereinsatz geringer ist, kommt es trotzdem häufig zu höheren Margen als beim Neueinsatz eines Hilfsmittels. Denn auch hier entsteht Aufwand: Das Hilfsmittel muss eingekauft, ausgepackt, zusammengebaut und letztlich verwaltet werden. Dadurch, dass der Wiedereinsatz hierbei oftmals besser abschneidet, ist er für Leistungserbringende sinnvoll.

So gelingt der Wiedereinsatz

Der Wiedereinsatz wird aus dem Markt nicht wegzudenken sein, einfach weil er bei bestimmten Hilfsmitteln für beide Seiten ökonomisch ist. Ein Thema, das allerdings auch wichtig ist und stetig an Bedeutung gewinnt ist die Frage der Ökologie. Hier schneidet der Wiedereinsatz sehr gut ab, da weniger Ressourcen für die Herstellung neuer Hilfsmittel aufgewendet werden müssen. Das ist nicht nur Kostentragenden und Leistungserbringenden wichtig. Auch viele Versicherte legen zunehmend Wert auf das Thema. Eine Online-Umfrage der SBK Siemens-Betriebskrankenkasse und der YouGov Deutschland GmbH zeigt, dass 65 % der Versicherten kein Problem mit der Nutzung eines gebrauchten Hilfsmittels hat, sofern es allen Vorschriften entsprechend aufbereitet wurde.[1]

Da der Wiedereinsatz nicht mehr wegzudenken ist, sollten auch die Verwaltungssysteme für alle Beteiligten möglichst komfortabel und effizient sein. Wie würde das optimalerweise aussehen?

  1. Der Kostentragende erstellt die Rückholaufträge für Hilfsmittel voll automatisiert bei Austritt oder Tod eines Versicherten. Dabei gelten folgende Regeln:
    • Fallpauschalrückholaufträge immer an den aktuellen Eigentümer des Hilfsmittels
    • Wiedereinsatzhilfsmittel immer an den ursprünglichen Liefernden – sofern dieser ausreichend Kapazitäten hat, die Rückholung durchzuführen
  2. Die Rückholaufträge der Leistungserbringenden können digital in Echtzeit in ihre Branchensoftware eingespielt werden, um sofort disponieren zu können
  3. Die Leistungserbringenden melden, ob sie das Hilfsmittel abholen konnten. Falls nicht, geht eine digitale Meldung zurück an die Kassen, damit diese ggf. eine Erinnerung an die Angehörigen zur Herausgabe des Hilfsmittels senden können
  4. Nach erfolgter Rückholung melden die Leistungserbringenden die Hilfsmittel digital zurück und erfassen dabei direkt den Ist-Zustand des Hilfsmittels samt Ausstattung sowie Reparaturkosten
  5. Nach der Einlagerungskontrolle steht dieses Hilfsmittel sicher in dem jeweiligen Sanitätshauslager und kann für einen Wiedereinsatz reserviert werden

Der Vorteil:

  1. Nicht wirtschaftliche Hilfsmittel werden durch die Einlagerungskontrolle aussortiert und füllen nicht unnötig die teuren Lagerplätze der Leistungserbringenden
  2. Die Erstellung eines neuen Kostenvoranschlags bei Wiedereinsatz eines Hilfsmittels ist erleichtert, weil Wiedereinsatz- und Reparaturkosten schon bei der Einlagerung bekannt sind. Zudem kann das Hilfsmittel im Sinne des Patienten deutlich schneller zum Wiedereinsatz kommen, da die Genehmigung sofort durchgeführt werden kann
  3. Das Hilfsmittel wird nach der Einlagerung von unserer Qualitätssicherung mit einem Zeitwert versehen. Damit sind die Kostentragenden in der Lage die Hilfsmittel untereinander zu tauschen, um den Wiedereinsatz aus ökologischer und ökonomischer Hinsicht für alle Seiten noch sinnvoller zu gestalten
  4. Die Fehleranfälligkeit eines solchen Systems und der Prozessschritte sinkt durch die Digitalisierung für alle Beteiligten auf ein Minimum. Das hat einen positiven Einfluss auf die Kosten.

Fazit

Der Wiedereinsatz ist für viele Hilfsmittelgruppen sinnvoll – für alle Seiten. Jedoch gilt das nur, wenn alle Prozessschritte perfekt aufeinander abgestimmt sind. Eine Schlüsselrolle dafür spielt die Digitalisierung der Hilfsmittelbranche.

Referenzen:

[1] SBK Siemens Betriebskrankenkasse. Befragung: Viele wiederverwertbare Hilfsmittel werden nicht zurückgegeben. Online abrufbar unter: https://www.sbk.org/presse/befragung-viele-wiederverwertbare-hilfsmittel-werden-nicht-zurueckgegeben/ (Letzter Abruf: 22.01.2024)

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