Ein erstes Fazit
Seit drei Jahren sind digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) auf Rezept für Patienten verfügbar. Die Kosten werden dabei von Krankenkassen getragen. Jetzt hat der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e. V. den ersten Report zum Thema veröffentlicht. Wir fassen ihn Dir zusammen und diskutieren.
Die DiGA-Nutzendendaten im Überblick
Zur Auswertung wurden Daten von 35 DiGA verwendet. Im Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung 49 DiGA erfasst.

Wenige Folgeverordnungen für DiGA
Bisher wurden seit der Listung der ersten Anwendung im Jahr 2020 bis zum September 2023 ca. 370.000 Freischaltcodes eingelöst. In den meisten Fällen handelte es sich um Erstverordnungen. Die Anzahl der Folgeverordnungen fiel gering aus, zeigte aber über die Jahre eine steigende Tendenz. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Der Spitzenverband gab an, dass viele der DiGA ihren Behandlungserfolg bereits innerhalb eines Quartals erreichen sollen und daher Folgeverordnungen insbesondere bei chronischen Erkrankungen eine Rolle spielen würden. Eine Umfrage der Barmer unter 1.700 Versicherten zeichnet allerdings ein anderes Bild. 1.600 der Befragten lösten zwar den Freischaltcode der DiGA ein, etwa 600 davon nutzten die Anwendungen allerdings nicht länger als die Erstanwendungsdauer von 90 Tagen. Der Grund dafür war bei 421 der Befragten, dass ihre Erwartungen an die Anwendungen nicht erfüllt wurden.
Wie kann dieses Problem bewältigt werden?
Der erste Schritt dazu wäre eine richtige Aufklärung. Über die Hälfte der von dem Spitzenverband befragten Menschen kennen DiGA noch nicht. Die Aufklärung muss in den meisten Fällen durch Leistungserbringende erfolgen. Damit diese die DiGA verstehen und erklären können, müssen bessere Informationen seitens der Hersteller geliefert werden, die in der Praxissoftware sowie dem Verzeichnis des BfArM hinterlegt und ggf. auch an den Patienten ausgegeben werden können. Nur so ist es möglich, mithilfe guter Aufklärung richtige Erwartungen an die DiGA und den Behandlungserfolg zu wecken und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Mehr Frauen nutzen DiGA
Mit zwischen 50-70 % ist die Mehrheit der DiGA-Nutzenden weiblich. Zwar richten sich einige der Anwendungen wie z. B. die Endo-App oder die Anwendung PINK! Coach nur an Nutzende weiblichen Geschlechts, aber es gibt auch viele Anwendungen, die geschlechterunabhängig sind. Viele der Erkrankungen, deren Therapie durch DiGA unterstützt werden kann, werden allerdings häufiger bei Frauen diagnostiziert. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Frauen häufiger und früher als Männer ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, wenn Beschwerden auftreten. Generell bergen DiGA aber ein großes Potenzial, Menschen unabhängig ihres Geschlechts zu unterstützen, das Angebot muss bloß genutzt werden.
Das Alter spielt keine Rolle
DiGA finden über die Altersgruppen hinweg ähnlich hohen Anklang. Die Gruppen waren unterteilt in die Alter 18 bis 29 Jahre, 30 bis 39 Jahre, 40 bis 49 Jahre, 50 bis 64 Jahre, 65+ Jahre und Altersangabe fehlt. Die 65+ Jahre alte Gruppe machte über die Jahre den kleinsten Anteil aus. Der Anteil der 50- bis 64-Jährigen war in den ausgewerteten Jahren am größten. Das kann unter anderem darauf zurückgehen, dass einige Diagnosen und Erkrankungen in diesem Lebensabschnitt gehäuft und zeitgleich auftreten. Mit dem wachsenden Angebot an DiGA wird auch der Nutzen in allen Altersgruppen hinweg wachsen und die Versorgung den Bedürfnissen der Altersgruppen entsprechend verbessert werden können.
Die Therapie dieser Erkrankungen kann bisher mit DiGA unterstützt werden
Die Liste der Erkrankungen, deren Therapie mithilfe von DiGA unterstützt werden kann, wird länger und länger. Derzeit entfällt der größte Anteil auf eine Vielzahl psychischer Erkrankungen wie Depressionen, Angst- oder Essstörungen. Die zweitgrößte Kategorie bildet „Muskeln, Knochen und Gelenke“. Es werden aber immer mehr DiGA für unterschiedliche Erkrankungen in das Verzeichnis aufgenommen, sodass mittlerweile auch Anwendungen für Adipositas, Alkoholabhängigkeit, Rauchentwöhnung und Endometriose verfügbar sind. Damit können Patienten in den unterschiedlichsten Situationen bei der Bewältigung ihres Alltags unterstützt werden.
Überblick über alle verfügbaren DiGA-Kategorien
Atemwege
Geschlechtsorgane, Nieren und Harnwege
Herz und Kreislauf
Hormone und Stoffwechsel
Krebs
Muskeln, Knochen und Gelenke
Nervensystem
Ohren
Psyche
Sonstige
Verdauung
Verletzungen
Chancen und Stolperfallen
Es ist klar, dass DiGA gekommen sind, um zu bleiben. Und sie bergen großes Potenzial, die Patientenversorgung zukünftig zu verbessern, insbesondere hinsichtlich des zunehmenden Ärztemangels und stetig wachsenden Versorgungsbedarfs. Dazu müssen DiGA als Option allerdings bekannter und die richtige Erwartungshaltung an den Therapieerfolg gefördert werden. Die Versorgung sollte außerdem beschleunigt werden: Derzeit warten Patienten durchschnittlich fast zwei Wochen auf den Erhalt des Freischaltcodes durch ihre Krankenkasse. In dieser Zeit sind die Betroffenen also nicht versorgt, was die Gefahr birgt, dass ihre Probleme ungelöst bleiben.
Unternehmen, die DiGA entwickeln, sind außerdem als positiver Wirtschaftsfaktor zu sehen, denn durch sie werden zunehmend Arbeitsplätze mit zudem zeitgemäßen Arbeitsbedingungen wie unter anderem Home Office, Teilzeit und flexiblen Arbeitszeiten geschaffen. Sie stärken zusätzlich Deutschlands Position als Forschungsstandort.
DiGA Herstellende sind Unternehmen, die sich in ihrem Arbeitsalltag immer neuen Heraus- und Anforderungen stellen müssen. Dazu zählt auch beispielsweise die Validierung der Freischaltcodes gegenüber den Krankenkassen sowie die damit einhergehende Kommunikation und Abrechnung der Anwendungen. Das kann viele Ressourcen in Anspruch nehmen, die Prozesskosten und -aufwand generieren, der schnell insbesondere bei kleineren Unternehmen oder Startups zum Problem werden kann. Diese Prozesse können allerdings ausgelagert und sogar automatisiert werden. Patrick Kuznitius von der HMM Deutschland GmbH entwickelt solche individuell auf die Bedürfnisse der DiGA-Herstellenden angepassten Abrechnungslösungen und ermöglicht so mehr Freiräume für die wirklich wichtigen Dinge im Alltag junger Unternehmen. Du benötigst Unterstützung bei der Abrechnung? Nimm einfach Kontakt auf, gemeinsam finden wir die passende Lösung.
Fazit
Digitale Gesundheitsanwendungen können die Patientenversorgung revolutionieren, dafür muss aber noch einiges passieren. Vor allem wichtig ist, dass DiGA für alle bekannt werden, damit sie die Therapie unterstützen können. Für eine größere Entlastung in der Versorgung ist die Entwicklung von mehr Anwendungen notwendig, sodass Patienten unabhängig von Geschlecht, Alter und Erkrankung davon profitieren können. Weiterhin muss der Zugang zu den Apps verbessert werden, damit Patienten bis zu ihrer Versorgung nicht zwei Wochen warten müssen.
Referenzen:
Meskendahl D und Bachmann T. Marktentwicklung digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA-Report). Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e. V. 2023.
https://www.barmer.de/presse/presseinformationen/pressearchiv/barmer-umfrage-digitale-gesundheitsanwendungen-zu-wenig-transparent-1252296 (Letzter Abruf: 04.03.2024)
https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis (Letzter Abruf: 04.03.2024)