Branchenumfrage von Wir versorgen Deutschland: So schätzen Unternehmen die derzeitige Situation ein

Bürokratie, Fachkräftemangel, Digitalisierung und wirtschaftliche Lage. Diese Bereiche wurden unter anderem in der im Mai 2024 veröffentlichen Branchenumfrage von Wir versorgen Deutschland bei 361 Unternehmen abgefragt. Wir fassen die wichtigsten Ergebnisse für Dich zusammen.

Zu viel Zeit für Bürokratie – wenig Hoffnung auf Verbesserung

Bürokratie ist ein thematischer Dauerbrenner in der Hilfsmittelbranche und daher verwundert es wenig, dass fast 70 % der Unternehmen angeben, dass mehr als ein Drittel ihrer Arbeitszeit auf das Erledigen von Bürokratiepflichten entfällt. Knapp ein Viertel der Unternehmen schätzt, dass zwischen 20-30 % ihrer Arbeitszeit durch Bürokratiepflichten in Anspruch genommen wird. Im Vergleich zum Vorjahr ist bei 85 % der Unternehmen der bürokratische Aufwand angestiegen. Insbesondere für die Zukunft zeigen sich die Unternehmen pessimistisch: Knapp 93 % geben an, dass sie eine weitere Zunahme der Bürokratiepflichten erwarten.

Linke Grafik: Arbeitszeit in Prozent, die auf Bürokratiepflichten entfällt. 23,27 % der Unternehmen geben an, dass 20 bis 30 % ihrer Arbeitszeit auf Bürokratie entfällt. 68,70 % geben an, dass sogar über 30 % der Arbeitszeit auf Bürokratiepflichten entfällt.
Rechte Grafik: Werden die Bürokratiepflichten weiter zunehmen? 92,78 % der Unternehmen sind überzeugt, dass die Bürokratiepflichten zunehmen werden.

Als größter Bürokratietreiber liegt laut Branchenumfrage mit Abstand die Vielfalt der unterschiedlichen Verträge mit gesetzlichen Krankenkassen sowie die Dokumentationspflichten gegenüber den Kostenträgern (ca. 92 % und 83 %) vorne. Danach folgt die Medical Device Regulation mit 45 %. Jeweils um die 20 % erreichten Medienbrüche in der Digitalisierung, Abrechnung der Zuzahlungen für die Krankenkassen und uneinheitliche Umsatzsteuersätze auf Hilfsmittel.

Fachkräftemangel betrifft jetzt schon viele

Der Fachkräftemangel ist ein Thema, das schon seit Jahren die Branche umtreibt. Ein Viertel der Unternehmen sieht sich schon jetzt vom Fachkräftemangel eher stark betroffen, 16 % sogar sehr stark. Nur knappe 5 % der befragten Unternehmen fühlen sich unbeeinträchtigt. Besonders stark zu spüren ist der Fachkräftemangel für die Betroffenen in der Versorgung selbst (88 %). Zudem findet über die Hälfte der Unternehmen, dass sich die Verfügbarkeit von Fachkräften, verglichen mit dem Vorjahr, noch verschlechtert hat. Gut ein Drittel der Befragten kann weder eine Verbesserung noch eine Verschlechterung wahrnehmen.

Fast 84 % der befragten Unternehmen sieht der Zukunft hinsichtlich der Verfügbarkeit von Fachkräften pessimistisch entgegen und erwartet laut Branchenumfrage eine weitere Verschlechterung. Eine Verbesserung wird von weniger als 2 % erwartet. Als eine Folge daraus schätzen drei Viertel die Hilfsmittelversorgung in Zukunft aufgrund des Fachkräftemangels als gefährdet ein.

Oben links: In welchem Bereich ist der Fachkräftemangel am deutlichsten zu spüren? 88,29 % der Unternehmen beantworten das mit Versorgung. Nur 8,23 % geben Verwaltung und 3,48 % "Andere" an.
Oben rechts: Wie hat sich die Verfügbarkeit von Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt im Vergleich zum Vorjahr entwickelt? 61,77 % geben eine Verschlechterung an, 36,01 % geben keine Veränderung an, 2,22 % geben eine Verbesserung an.
Unten: Ist die Hilfsmittelversorgung durch die zukünftige Entwicklung der Fachkräftesituation gefährdet? 76,73 % der Unternehmen geben "Ja" an, 12,47 % sehen keine Gefährdung und 10,80 % wissen es nicht.

Digitalisierung: Wie viel Potenzial steckt dahinter?

Die Digitalisierung der Hilfsmittelbranche wurde ebenfalls im Rahmen der Branchenumfrage von Wir versorgen Deutschland abgefragt und ausgewertet. Dabei zeigt sich, dass nur wenige das Potenzial als gering oder sehr gering betrachten, während ein Drittel der Unternehmen das Potenzial der Digitalisierung als eher gering bewerten. Über die Hälfte der Teilnehmenden (insgesamt 58 %) sehen allerdings ein eher hohes bis sehr hohes Potenzial der Digitalisierung in der Hilfsmittelbranche. Die aktuelle Umsetzung der Digitalisierung in der Hilfsmittelversorgung bspw. bezüglich Abrechnung, Versorgung sowie digitale Anwendungen wird eher kritisch gesehen. Nur knapp 2 % würden diesen Bereich als gut bewerten, etwas mehr als die Hälfte als durchschnittlich und ca. 45 % sogar als schlecht. Hinsichtlich der eigenen Unternehmensaufstellung zur Digitalisierung gab der Großteil der Unternehmen an, durchschnittlich aufgestellt zu sein. Rund ein Drittel schätzt sich als gut aufgestellt und ca. 12 % als schlecht aufgestellt ein.

Links: Wie beurteilen Sie die aktuelle Umsetzung der Digitalisierung in der Hilfsmittelversorgung? 45,71 % geben schlecht an, 52,35 % sehen die Digitalisierung als durchschnittlich an und 1,94 % als gut. 
Rechts: Wie sehen Sie Ihr Unternehmen bezüglich der Digitalisierung aufgestellt? 58,17 % geben an durchschnittlich aufgestellt zu sein, 30,19 % schätzen sich gut aufgestellt und 11,63 schlecht aufgestellt ein.

Insbesondere im Bereich der eKV-Schnittstellen sind Verbesserungen hinsichtlich einer einheitlichen und offenen sowie kostenfreien eKV-Schnittstelle gewünscht. Weiterer Verbesserungsbedarf wird in der digitalen und medienbruchfreien Übermittlung der Abrechnung gesehen sowie einer durchgängigen und einheitlichen Nutzung der elektronischen Signatur.

Gleichbleibende wirtschaftliche Verhältnisse

Angesichts der Herausforderungen, denen sich die Hilfsmittelbranche stellen muss, wurden die Unternehmen bezüglich der Einschätzung ihrer wirtschaftlichen Lage befragt. Dabei geben insgesamt zwei Drittel der Unternehmen an, sich wirtschaftlich im Mittelfeld zu sehen. Das restliche Drittel gibt mehrheitlich an gut bis sehr gut aufgestellt zu sein. Nur wenige Unternehmen sehen ihre wirtschaftliche Lage als schlecht an. Verglichen mit dem Vorjahr hat sich für die Hälfte der Unternehmen keine Veränderung ihrer wirtschaftlichen Situation bemerkbar gemacht, ein Drittel der Befragten erlebt eine Verschlechterung. Der Zukunft ihres Unternehmens blickt knapp die Hälfte neutral entgegen. Fast ein Drittel der Befragten sind der Zukunft gegenüber pessimistisch eingestellt. Immerhin knapp ein Viertel ist optimistisch.

Fazit

Die Branchenumfrage von Wir versorgen Deutschland verdeutlicht, vor welchen Herausforderungen die Hilfsmittelbranche steht. Besonders hervorzuheben sind dabei die Bürokratie und der Fachkräftemangel. Es wird erwartet, dass beide Aspekte sich in Zukunft weiter verstärken werden. Das Potenzial der Digitalisierung für die Hilfsmittelbranche ist bei den Unternehmen durchaus bekannt, allerdings wird die Umsetzung als verbesserungswürdig angesehen. Die wirtschaftliche Lage der befragten Unternehmen ist insgesamt stabil. Der Zukunft blicken die Unternehmen neutral bis besorgt entgegen. Um die Aussichten zu verbessern, sollte aktiv daran gearbeitet werden, den Bürokratieaufwand zu verringern. Dazu kann die Digitalisierung einen maßgeblichen Beitrag leisten, daher sollte dieser Bereich unbedingt weiter ausgebaut werden. Durch eine Verbesserung der Digitalisierung und dem damit verbunden Abbau der Bürokratie können auch die Fachkräfte entlastet werden, die sich in der Folge wieder verstärkt der Versorgung mit Hilfsmitteln widmen können.

Referenzen:

https://wirversorgendeutschland.de/wp-content/uploads/2024/05/WvD_Branchenumfrage2024-Zusammenfassung-final-korr.pdf (Letzter Abruf: 21.08.2024)

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